Der Zentrale Immobilienausschuss (ZIA) kommt in seinem Frühjahrsgutachten 2017 zu dem Ergebnis: „Die Preisübertreibung liegt zwischen 36% in Düsseldorf, gut 40% in Frankfurt und Hamburg, um die 50% in Köln, Berlin und Stuttgart sowie 75% in München.“
Holla. Die Preise in Berlin, München & Co. sind um 50% – 75% überhöht? Eine mutige Aussage für den „Rat der Weisen der Immobilienwirtschaft“.
Wer schreibt das nochmal: „Prof. Dr. Harald Simons ist Mitglied des Vorstands der empirica AG, einem Unternehmen mit 25 Mitarbeitern und Sitz in Berlin und Bonn“.
OK. Klingt schon mal anders, als der „Rat der Weisen“. Denn die Aussage impliziert ja, dass defacto ein Großteil der Wohnungskäufer in Berlin gerade richtig blöd sind (und übrigens auch alle Wohnungseigentümer, die noch nicht verkauft haben).
Wie kommt Herr Prof. Dr. Simons zu diesem Ergebnis?
- „… die derzeit geforderten Kaufpreise stehen dort, insbesondere in Berlin und München, in keiner sinnvollen Relation mehr zu den Rahmenbedingungen. In den Preisen sind offensichtlich bereits weiter signifikant steigende Mieterträge eingepreist. Es ist aber gerade in Berlin und München und möglicherweise auch in Hamburg nicht mit weiter steigenden Neuvertragsmieten zu rechnen.“
denn …- „Mindestens zwei der drei Zuwanderungswellen nach Deutschland neigen sich aber ihrem Ende zu. An bislang noch jede Zuwanderungswelle schloss sich eine – wenn auch kleinere – Abwanderungswelle an („Echo-Effekt“).“ Wenn die EU auseinander bricht und wir wieder zu eingemauerten Nationalstaaten in Europa zurückkehren, vielleicht. So lange wir aber ein Europa haben in dem Niederlassungsfreiheit herrscht, boomen die deutschen Metropolen aufgrund ihrer enormen Anziehungskraft. Und Wohnen in Berlin und München – ist verglichen mit anderen europäischen Metropolen noch immer billig und man verdient hier mehr.
- „Dies gilt insbesondere in Berlin, wo derzeit eine fünffache Jahresproduktion irgendwo zwischen Baugenehmigung und Fertigstellung und damit meist im Bau ist. Aber auch in Hamburg, Frankfurt, Düsseldorf und abgeschwächt in München wird demnächst viel neuer Wohnraum auf den Markt kommen.“ Äh … nein. Einfach falsch. Das „fünffache“ bezieht sich auf eine – politisch gewollt, niedrig gehaltene Anzahl von Fertigstellungen, die weit unter dem Bedarf liegt. Der Markt braucht diese Produktion, um auch nur annähernd die Chance zu haben, sich einem Gleichgewicht zu nähern.
- „Als Ergebnis einer rückläufigen Zuwanderung und eines steigenden Angebotes ist in Berlin und München und möglicherweise auch in Hamburg mit nicht weiter steigenden Neuvertragsmieten zu rechnen.“ Nein. Wir haben einen derartigen Nachfrageüberhang, der nicht durch einen Mietpreisanstieg ausgeglichen wurde, dass die Mieten noch lange weiter steigen müssen, nur damit die aktuelle Nachfrage und das Angebot sich dem Gleichgewicht annähert. Einfach mal Google fragen ;)
Vielleicht führt die Berichterstattung über diese „Warnung vor einer Immobilienblase“ nun aber dazu, dass
- interessierte Käufer ihre Kaufentscheidung in der Hoffnung auf fallende Preise verschieben (wenn nicht bereits ein Kinderzimmer fehlt oder die Schwiegereltern auf den Auszug drängen), was zu einer leichten Dämpfung der Nachfrage führen würde (beim aktuellen Überhang nicht relevant)
- Wohnungseigentümer ihre Bestandsimmobilien noch schnell zu den „hohen“ Preisen auf den Markt werfen. Das könnte wirklich das Angebot ausweiten. Leider sind die Wohnungen bei Leerstandsquoten von 0,2% (München) bzw. 1,2% (Berlin) leider bereits bewohnt – also nur für Kapitalanleger interessant. Die Masse der verzweifelt suchenden Eigennutzer wird nicht bedient. Könnte trotzdem leicht dämpfend auf die Entwicklung der Kaufpreise wirken.
- Projektentwickler ihre beplanten Maßnahmen verschieben, weil sie nicht das Risiko eingehen wollen, zu Gruppe der „Fünffachen jährlichen Bauleistung“ zu gehören und ihre Wohnungen nicht mehr verkaufen zu können. Würde das Angebot dämpfen und die Preise treiben. Vermutlich gibt es aber nicht so viele ängstliche Projektentwickler. Wer in Berlin oder München gegen die Verwaltung ein Bauprojekt über Jahre durchgekämpft hat, gibt wohl kaum wegen der Meinung von empirica auf.
OK. Kurz mal zusammenrechnen … Ich glaube eher an +5% für Berlin und die anderen Ballungszentren in 2017. Schauen wir am Jahresende mal, wer Recht hatte :)